Wolfgang Koydl, geboren 1952 in Frankfurt am Main. Nach dem Studium an der Deutschen Journalistenschule schrieb er zunächst für den „Münchner Merkur“. Es folgten Tätigkeiten bei der BBC in London und der Tageszeitung „Die Presse“ in Wien. Für die Deutsche Presse-Agentur war er Korrespondent in Kairo und Moskau. Seit 1996 schreibt er für die „Süddeutsche Zeitung“ und berichtete zunächst aus Istanbul, ab 2000 aus Washington, ab 2005 aus London und seit 2011 aus der Schweiz.
Felix Krakau, geboren 1990 in Hamburg, ist freischaffender Autor und Regisseur. Er studierte Kunst- und Medientheorie an der Zürcher Hochschule der Künste und Theaterregie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main, war für ein Gastsemester „Szenisches Schreiben“ an der Universität der Künste Berlin und für sein Postgraduiertenstudium an der Kunsthochschule für Medien Köln. Zwischen 2009 und 2018 Assistenzen und Hospitanzen am Schauspiel Frankfurt, der Schaubühne Berlin, bei den Salzburger Festspielen und am Düsseldorfer Schauspielhaus. Von Mitte September bis Mitte November 2020 war er als „Land in Sicht“-Stipendiat des Hessischen Literaturrats in Friedewald. Felix Krakau lebt in Düsseldorf.
hr2-Spätlese: Interview mit Tobias Wilhelm und Felix Krakau
Text und Regie: Felix Krakau Sprecher*innen: Judith Bohle und Kilian Land Komposition und künstlerische Gestaltung: Thomas Klein
5 Fragen an Felix Krakau
Für zwei Monate warst du mit dem „Land in Sicht“-Stipendium 2020 im osthessischen Friedewald mit weniger als 2.500 Einwohner:innen. Du lebst heute in einer Großstadt, bist aber auch selbst auf dem Dorf aufgewachsen. War die Umstellung trotzdem ein Kulturschock für dich? Inwieweit unterscheidet sich das Leben in Friedewald von dem Dorfleben deiner Jugend?
Felix Krakau: „Dorf“ muss ich kurz etwas einordnen, ganz so klein war es dann doch nicht, aber viel Landschaft gab es und Ruhe direkt vor der Haustür, am Rand des Teutoburger Waldes. Den weiten Blick war ich also gewohnt. Der große Unterschied war natürlich die Vertrautheit damals und die Fremdheit jetzt, in der Jugend hatte ich meine Freund*innen, bekannte Wege und Routinen, es war mein Alltag und ich kannte es nicht anders – Friedewald war völlig neu. Trotzdem – und auch wenn ich aktuell in der Großstadt wohne – war es überhaupt kein Kulturschock, sondern eine extrem willkommene Möglichkeit, in Ruhe und Konzentration an meinen Texten arbeiten zu können, andere Perspektiven einzunehmen und neue Eindrücke zu gewinnen, also genau das, was ich gesucht habe.
Der Text „Softe Paläste“ ist während deiner Zeit in Friedewald entstanden. Wir begleiten in ihm sowohl dich als auch Wilhelm III von Hessen, dessen Geschichte du in dem Text fiktionalisierst. Was hat dich gerade an ihm so fasziniert?
Felix Krakau: Bereits vor meiner Ankunft war klar, dass ich mich mit der mittelalterlichen Geschichte Friedewalds beschäftigen wollte, die Wasserburg im Zentrum findet sich ja sogar im Wappen der Gemeinde wieder. Schon im Theaterregie-Studium hatte ich eine Faszination für Shakespeares Königsdramen, für den Umgang mit Geschichte, für Überschreibungen und das Neustricken von Narrationen. Für das Hineinragen der Vergangenheit in die Gegenwart. Da ich aber Autor bin und kein Historiker, war mir Fiktion wichtiger als Fakten. Ich wollte also eine Art spekulative Geschichtsschreibung angehen: Wie hätte es sein können und was wäre dann gewesen? Dafür habe ich mich auf die Suche gemacht nach Ankerpunkten, Orten, Personen und mich vor allem interessiert für die unbeschriebenen Blätter, die Fußnoten der Geschichte, die No-Names – und bin schließlich bei Wilhelm III. von Hessen gelandet, einem jungen Landgrafen. Dessen Vater, Heinrich III., nutze die Wasserburg als Jagdschloss und Wilhelm wiederum starb nach kurzem, nicht weiter ereignisreichen Leben, bei einem Sturz vom Pferd, knapp 80 Kilometer von Friedewald entfernt. Seine Biografie ist also eine ziemliche Leerstelle, die ich füllen wollte. Daraus entstanden ist eine Art historische Coming-of-Age-Erzählung und Wilhelm diente mir dafür als Folie. Ich hoffe, er wird mir das verzeihen.
„Heimat auf Zeit“ nennst du deinen Aufenthalt in Friedewald in „Softe Paläste“. Was nimmst du aus dieser „Heimat auf Zeit“ mit und was lässt du gerne zurück? Du erwähnst ja auch mehrmals im Text diese „scheiß Stille“…
Felix Krakau: Das mit der „scheiß Stille“ meint der Ich-Erzähler vermutlich auf eine harsche Weise liebevoll, so wie ich das auch sehen würde. Gerade fürs Schreiben konnte ich mir keine bessere Umgebung vorstellen. Dazu kam noch der phänomenale Umstand, dass ich dank der Gastfreundlichkeit von Hotel-Chef Markus Göbel (tausend Dank noch mal!) zwei Monate lang den Spa-Bereich des Schlosshotels nutzen konnte, bis Corona auch dort die Türen geschlossen hat. Prosa und Whirlpool haben also meine Zeit in Friedwald geprägt – und zudem die wahnsinnige Offenheit der Friedewalder und das große Interesse für mein Vorhaben. Wieder mit nach Düsseldorf genommen habe ich zahlreiche (noch) nicht beendete Erzählstränge mit und Anregungen, Ideen und Notizen – ebenso viele habe ich aber auch in Friedewald zurückgelassen, durchgestrichen und gelöscht, der ewige Kreislauf beim Schreiben.
Die Covid-Pandemie hat in der Kultur vielen Veranstaltungen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dein Stipendium konntest du zwar in Friedewald verbringen, aber viele geplante Veranstaltungen mussten ausfallen bzw. werden hoffentlich dieses Jahr nachgeholt. Was hättest du dir noch für die Zeit vor Ort gewünscht?
Felix Krakau: Natürlich hätte ich gerne mehr Zeit gehabt für Begegnungen und Veranstaltungen, u.a. im Kopf hatte ich noch eine Spa-Lesung oder eine literarische Audiotour durch die Gemeinde. Auch offene Werkstatt-Lesungen waren mal angedacht, alle vierzehn Tage direkt vom Schreibtisch. Dafür sind aber andere schöne Sachen entstanden, wie meine wöchentliche Kolumne im Friedewalder Mitteilungsblatt – der Friedewald Report – oder eben das Hörspiel. Nur dass ich es verpasst habe, ein Spiel der SG Ausbach/Friedewald anzugucken, schmerzt mich.
Als Alternative zu den Veranstaltungen vor Ort ist ja auch das Hörspiel „Softe Paläste“ basierend auf deinem Text entstanden. Wie war für dich die Arbeit daran und ist der Text im neuen Medium für dich nochmal ein anderer geworden?
Felix Krakau: Als die Abschlusslesung abgesagt werden musste, wollte ich den Text ungern in der Schublade verschwinden lassen und ihn stattdessen in anderer Form zugänglich machen – so entstand die Idee zu dem Hörspiel. Schönerweise konnte ich dafür zwei befreundete Schauspieler*innen (Judith Bohle und Kilian Land) und einen Musiker (Thomas Klein) gewinnen, produziert haben wir das Ganze dann nach meiner Abreise in Düsseldorf. Durch die Übertragung in ein anderes Medium entsteht ja automatisch eine Interpretation des Textes, eine andere Deutungsebene, sei es durch die Stimmen oder die Musik – was ich besonders dadurch interessant fand, dass von den Dreien natürlich niemand Friedewald kannte, sie also kein Bild hatten zu den Orten und Situationen, die ich beschrieben habe. Der Text ist dadurch noch einmal weiter von mir weggerückt, fiktionaler geworden, der Ansatz der spekulativen Geschichtsschreibung wurde gewissermaßen eine Runde weitergedreht. Die „Land in Sicht“-Stipendien und der Tag für die Literatur und die Musik werden vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert.
Manfred H. Krämer, geboren 1956. Im Hauptberuf LKW-Fahrer, schreibt seit 1994. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Schreibt auch Laufreportagen für das Magazin „Runners World“.
Ursula Krechel, geboren 1947 in Trier. Nach der Volksschule in Trier-Heiligenkreuz von 1954 bis 1958 besuchte sie das Neusprachliche Gymnasium für Mädchen (heute Humboldt-Gymnasium) in Trier, das sie 1966 mit der Reifeprüfung abschloss. Ab dem Wintersemester 1966/67 studierte sie Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Köln, 1972 Promotion über Herbert Ihering. Von 1969 bis 1972 war sie Dramaturgin an den Städtischen Bühnen Dortmund. Ab 1972 lebte sie als freie Schriftstellerin im Frankfurter Westend, wo sie u.a. eine Freundschaft mit Helga M. Novak und Klaus Roehler verband. Ursula Krechel ist mit Herbert Wiesner, dem ehemaligen Leiter des Berliner Literaturhauses, verheiratet und lebt in Berlin. Sie ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und seit 2012 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Seit den achtziger Jahren hat Ursula Krechel vielfach gelehrt; sie war u.a. Gastprofessorin an der Warwick University/England, 1991 war sie writer-in-residence an der Washington-University St. Louis/USA, 1997/98 und 1999 Gastprofessorin am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. Seit 2009 leitet sie wieder die Werkstatt Prosa des Literarischen Colloquiums Berlin.
Sigrid Krekel, geboren 1963. Tätigkeit im öffentlichen Dienst, in PR-Agenturen und Unternehmen. Sie lebt als Autorin und Texterin in Wetzlar.
Ingrid Kretz, geboren 1959 in Ewersbach, arbeitete u.a. als Arzthelferin und bei der Krankenkasse, bevor 1999 ihr erstes Buch „Du bist so mutig Salome“ erschien, in dem sie die Krebserkrankung ihrer Tochter verarbeitete. Es folgten zahlreiche weitere Veröffentlichungen in den Genres Sachbuch, Kinderbuch und Historischer Roman. Unabhängig vom Schreiben arbeitet sie zudem seit 2009 als teilzeitbeschäftigte Arztsekretärin in den Dill-Kliniken Dillenburg. 2018 schrieb sie anlässlich des 300. Geburtstages von Catharina Helena Dörrien (1717-1795), einer Botanikerin, Erzieherin und Pionierin der Mädchenbildung, das Musical „CATHARINA DÖRRIEN – Ein Leben zwischen Liebe und Krieg“, das in Dillenburg vom 9. bis 14. Oktober uraufgeführt wurde.
Ulrike Krickau wurde in Bad Camberg geboren. Dort besuchte sie die Realschule und beendete sie mit der Mittleren Reife. Ausbildung zuerst als Justizangestellte, dann als Hotelfachfrau; danach lebte sie einige Zeit in Amsterdam. Von dort kehrte sie mit einer Tochter wieder nach Deutschland zurück, arbeitete in der Veranstaltungsorganisation eines Fachverlages, bei verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen und bei der Organisation von Tourneen freier Theatergruppen. Das Frankfurter Kellertheater stellte 2005 in einer szenischen Lesung ihr Theaterstück „Voll ins Auge“ vor.
Susanne Kronenberg, geboren 1958 in Hameln, lebt heute in Taunusstein bei Wiesbaden. Nach ihrem Studium der Innenarchitektur war sie zunächst als Redakteurin in einem Fachzeitschriftenverlag tätig, bald darauf erschien ihr erstes Buch. Autorin von Jugendbüchern, Sachbüchern und Kriminalromanen. Sie ist Mitglied im „Syndikat“, der Autorenvereinigung deutschsprachiger Kriminalliteratur.
Ulrike A. Kucera, geboren 1958 in Lostau. Nach ihrer Ausreise aus der DDR 1985 wohnte sie zunächst in München. Seit 1987 lebt sie in Frankfurt am Main. Als freie Schriftstellerin veröffentlichte sie Lyrik, Kurzprosa und Hörspiele im In- und Ausland (Zeitungen, Zeitschriften, Verlage). Sie lektorierte für das Hessische Literaturforum und verschiedene Verlage und Agenturen, von 1996 – 2000 war sie Mitglied der Redaktion von „L. Der Literaturbote“.
Kirsten Kühlke, geboren 1965 in Rüsselsheim, wo sie heute auch lebt. Nach dem Abitur Studium der Vor- und Frühgeschichte und der klassischen Archäologie in Mainz, allmählich ersetzt durch freie Malerei in Wiesbaden; Abschluss im Fach Gesellschaftswissenschaften in Frankfurt am Main. Tätigkeit als Veranstaltungsleiterin einer Kunststiftung. Zur Zeit freie Schriftstellerin.